In meiner neuen Blogreihe "Die Überarbeitungsfibel: Überarbeiten Schritt für Schritt erklärt" erzähle ich, worauf es beim Überarbeiten Deines fertigen Textes ankommt, welche Fehler Du wie finden und vermeiden kannst, und was ich immer wieder in Lektoraten finde.
Warum überarbeiten so wichtig ist und Du Dir die Mühe unbedingt machen solltest, erfährst Du hier: 4 Gründe für das gründliche Überarbeiten
Heute: Wertende Adjektive bzw. Adverbien
Nicht alle Adjektive sind schlecht, aber ...
Manche KollegInnen verteufeln alle Adjektive. Andere sind der Überzeugung, dass nur durch sie ihre Geschichte Gestalt annehmen kann. Beides ist meiner Meinung nach Unsinn.
Wenn wir eine Geschichte erzählen, brauchen wir Wörter wie groß, klein, hell, dunkel, dick, dünn, laut, leise, gespenstisch, gefährlich, heiß, anziehend usw. Alles Adjektive, mit denen wir unsere Beschreibungen ausschmücken können. Ausschmücken - nicht bewerten. Und genau darum geht es.
Sobald wir als Autor eine Wertung dessen vornehmen, was wir erzählen, nehmen wir dem Leser ein Stück seiner Vorstellungskraft, bevormunden ihn und verdammen ihn zum bloßen Lesen. Dabei wollen wir doch, dass er Bilder im Kopf bekommt, mit unseren Figuren mitleidet, mitfiebert und alle Geheimnisse mit aufdeckt, anstatt nur "daneben zu sitzen und zuzusehen".
Sogar auf die oben genannten Beispiele kann man verzichten, wenn man sich mehr des Grundsatzes "Show, don´t teill" bedient und die Dinge umschreibt. Wenn ihr nicht so recht wisst, wie "Show, don´t tell" funktioniert, am Ende habe ich einen tollen Lesetipp verlinkt.
Stephen King sagte bereits "Die Straße zur Hölle ist mit Adverbien gepflastert" (Zitat aus "Das Leben und das Schreiben", Heyne. Ihr merkt wahrscheinlich, dass ich ein Fan des King bin. Aber ganz, ehrlich, wer könnte es besser wissen?). Gerade im Zusammenhang mit wörtlicher Rede stoßen sie ihm und mir gleichermaßen übel auf. Denn da kommen wir ganz schnell in den Bereich "SHOW, don´t TELL" beziehungsweise TELL. Denn mit diesen wertenden Adjektiven/Adverbien bevormunden wir den Leser und bringen ihn um die Chance, sich selbst ein Bild zu machen.
Ein Beispiel:
"Das tut mir leid", murmelte sie leise und blickte ihn reumütig an.
Gleich zwei wertende Adjektive und eins davon auch noch unsinnig, denn laut zu murmeln ist schon echt schwierig. Außerdem erzeugt dieser Satz keine Bilder in meinem Kopf.
"Das tut mir leid", murmelte sie. Eine Träne rollte ihr aus dem Augenwinkel.
Gerade bei Dialogen sollte das "Wie sich die Person fühlt" ganz klar aus dem gesprochenen Text ersichtlich sein. Wir können also getrost auf "schrie er aufgebracht" oder "sagte sie lachend" und ähnliches verzichten, wenn im diese Gefühle gesprochen Text zum Ausdruck gebracht werden. Klingt schwierig? Ist es auch. Aber gutes Deutsch und gutes Schreiben ist halt etwas, das man lernen und üben muss.
Deshalb solltest Du Deine Dialoge sehr sorgfältig durchgehen und nach Möglichkeit laut vorlesen - und dabei immer im Hinterkopf haben: Redet man wirklich so? Oder würde diese Figur so reden?
Noch ein Problem bei wertenden Formulierungen im Zusammenhang mit der wörtlichen Rede ist, dass dieser Zusatz meist erst nach dem Gesagten folgt (was auch korrekt ist, denn ansonsten wäre es ein Vorgriff; dazu komme ich später noch). Der Leser hat das Gesagte unter Umständen bereits ganz anders interpretiert und ist dann verwirrt.
"Das kann doch wohl nicht wahr sein!", sagte sie fassungslos und rieb sich müde über das Gesicht.
Ich wette, Du hast eher einen aufgebrachten Sprecher erwartet?
"Das kann doch nicht wahr sein. Nun hab ich mich schon wieder verfahren." Sie seufzte und rieb sich die Augen.
Der zweite Satz ist zwar länger, enthält aber auch mehr SHOW. Wir können sie uns bildhaft vorstellen und ahnen, dass sie in einem Auto sitzt, vermutlich sogar im Dunkeln, weil ihre Augen schmerzen, und langsam verzweifelt, weil sie schon wieder falsch abgebogen ist.
Nicht alle Adjektive und Adverbien sind schlecht! Aber viele sind tatsächlich überflüssig oder sogar störend.
TO-DO-LISTE Punkt 5:
Suche gezielt nach wertenden und überflüssigen Adjektiven und Adverbien. An welchen Stellen "erzählst" Du, anstatt zu "zeigen"? Wo spielt es keine Rolle, welche Farbe oder Größe eine Sache oder Person hat? Wo nimmst Du eine Wertung vor?
Kontrolliere in dem Zuge auch Deine Dialoge und verzichte auf allzu fantasiereiche Formulierungen wie ächzte, knirschte, nickte, ereiferte, keuchte, brach es heraus, begehrte er/sie auf, kicherte etc. als Zusatz zur wörtlichen Rede, in denen sich ebenfalls versteckte wertende Adverbien verbergen (und die zudem schlichtweg falsch sind, denn als Beispiel: "Hallo" kann man sagen, rufen, flüstern, murmeln - aber nicht winken).
Bisher hatten wir:
Gleichzeitigkeiten
Füllwörter
Passivformulierungen
Wortwiederholungen
Hier geht es weiter mit Vorgriff.
Wenn Du Hilfe brauchst, ich biete sowohl Lektorate an als auch Unterstützung beim Schreibprozess. Sprich mich einfach an. Mehr Infos zu meinem Service gibt es hier: Service für Autoren und Verlage.
Deine Sandra
Weiterführende Literatur: Show, don´t tell - Schreiben fürs Kopfkino
Warum überarbeiten so wichtig ist und Du Dir die Mühe unbedingt machen solltest, erfährst Du hier: 4 Gründe für das gründliche Überarbeiten
Nicht alle Adjektive sind schlecht, aber ...
Manche KollegInnen verteufeln alle Adjektive. Andere sind der Überzeugung, dass nur durch sie ihre Geschichte Gestalt annehmen kann. Beides ist meiner Meinung nach Unsinn.
Wenn wir eine Geschichte erzählen, brauchen wir Wörter wie groß, klein, hell, dunkel, dick, dünn, laut, leise, gespenstisch, gefährlich, heiß, anziehend usw. Alles Adjektive, mit denen wir unsere Beschreibungen ausschmücken können. Ausschmücken - nicht bewerten. Und genau darum geht es.
Sobald wir als Autor eine Wertung dessen vornehmen, was wir erzählen, nehmen wir dem Leser ein Stück seiner Vorstellungskraft, bevormunden ihn und verdammen ihn zum bloßen Lesen. Dabei wollen wir doch, dass er Bilder im Kopf bekommt, mit unseren Figuren mitleidet, mitfiebert und alle Geheimnisse mit aufdeckt, anstatt nur "daneben zu sitzen und zuzusehen".
Sogar auf die oben genannten Beispiele kann man verzichten, wenn man sich mehr des Grundsatzes "Show, don´t teill" bedient und die Dinge umschreibt. Wenn ihr nicht so recht wisst, wie "Show, don´t tell" funktioniert, am Ende habe ich einen tollen Lesetipp verlinkt.
Stephen King sagte bereits "Die Straße zur Hölle ist mit Adverbien gepflastert" (Zitat aus "Das Leben und das Schreiben", Heyne. Ihr merkt wahrscheinlich, dass ich ein Fan des King bin. Aber ganz, ehrlich, wer könnte es besser wissen?). Gerade im Zusammenhang mit wörtlicher Rede stoßen sie ihm und mir gleichermaßen übel auf. Denn da kommen wir ganz schnell in den Bereich "SHOW, don´t TELL" beziehungsweise TELL. Denn mit diesen wertenden Adjektiven/Adverbien bevormunden wir den Leser und bringen ihn um die Chance, sich selbst ein Bild zu machen.
Ein Beispiel:
"Das tut mir leid", murmelte sie leise und blickte ihn reumütig an.
Gleich zwei wertende Adjektive und eins davon auch noch unsinnig, denn laut zu murmeln ist schon echt schwierig. Außerdem erzeugt dieser Satz keine Bilder in meinem Kopf.
"Das tut mir leid", murmelte sie. Eine Träne rollte ihr aus dem Augenwinkel.
Gerade bei Dialogen sollte das "Wie sich die Person fühlt" ganz klar aus dem gesprochenen Text ersichtlich sein. Wir können also getrost auf "schrie er aufgebracht" oder "sagte sie lachend" und ähnliches verzichten, wenn im diese Gefühle gesprochen Text zum Ausdruck gebracht werden. Klingt schwierig? Ist es auch. Aber gutes Deutsch und gutes Schreiben ist halt etwas, das man lernen und üben muss.
Deshalb solltest Du Deine Dialoge sehr sorgfältig durchgehen und nach Möglichkeit laut vorlesen - und dabei immer im Hinterkopf haben: Redet man wirklich so? Oder würde diese Figur so reden?
Noch ein Problem bei wertenden Formulierungen im Zusammenhang mit der wörtlichen Rede ist, dass dieser Zusatz meist erst nach dem Gesagten folgt (was auch korrekt ist, denn ansonsten wäre es ein Vorgriff; dazu komme ich später noch). Der Leser hat das Gesagte unter Umständen bereits ganz anders interpretiert und ist dann verwirrt.
"Das kann doch wohl nicht wahr sein!", sagte sie fassungslos und rieb sich müde über das Gesicht.
Ich wette, Du hast eher einen aufgebrachten Sprecher erwartet?
"Das kann doch nicht wahr sein. Nun hab ich mich schon wieder verfahren." Sie seufzte und rieb sich die Augen.
Der zweite Satz ist zwar länger, enthält aber auch mehr SHOW. Wir können sie uns bildhaft vorstellen und ahnen, dass sie in einem Auto sitzt, vermutlich sogar im Dunkeln, weil ihre Augen schmerzen, und langsam verzweifelt, weil sie schon wieder falsch abgebogen ist.
Nicht alle Adjektive und Adverbien sind schlecht! Aber viele sind tatsächlich überflüssig oder sogar störend.
TO-DO-LISTE Punkt 5:
Suche gezielt nach wertenden und überflüssigen Adjektiven und Adverbien. An welchen Stellen "erzählst" Du, anstatt zu "zeigen"? Wo spielt es keine Rolle, welche Farbe oder Größe eine Sache oder Person hat? Wo nimmst Du eine Wertung vor?
Kontrolliere in dem Zuge auch Deine Dialoge und verzichte auf allzu fantasiereiche Formulierungen wie ächzte, knirschte, nickte, ereiferte, keuchte, brach es heraus, begehrte er/sie auf, kicherte etc. als Zusatz zur wörtlichen Rede, in denen sich ebenfalls versteckte wertende Adverbien verbergen (und die zudem schlichtweg falsch sind, denn als Beispiel: "Hallo" kann man sagen, rufen, flüstern, murmeln - aber nicht winken).
Bisher hatten wir:
Gleichzeitigkeiten
Füllwörter
Passivformulierungen
Wortwiederholungen
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Wenn Du Hilfe brauchst, ich biete sowohl Lektorate an als auch Unterstützung beim Schreibprozess. Sprich mich einfach an. Mehr Infos zu meinem Service gibt es hier: Service für Autoren und Verlage.
Deine Sandra
Weiterführende Literatur: Show, don´t tell - Schreiben fürs Kopfkino
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